Ferien über Auffahrt oder – wie alles anders kam

Vier Wochen vor Auffahrt kam die Anfrage der BeWo-Jungs, weshalb die Wohngruppen in ein Lager dürfen und sie nicht…

12.8.2019

Vier Wochen vor Auffahrt kam die Anfrage der BeWo-Jungs, weshalb die Wohngruppen in ein Lager dürfen und sie nicht. Eine etwas irritierende Anfrage für Ohren von SozialpädagogInnen, aber dennoch eine sehr prüfenswerte. Schnell war den Jungs klar, dass sie eigentlich nach Montenegro möchten. Ein kurzer Blick ins Internet und dann lange Diskussionen über weitere, vor allem günstigere Destinationen. Mit dem Nachtzug nach Berlin? Ausgebucht. Mit Flixbus nach Prag? Da hat es kein Meer. In Berlin doch auch nicht? Egal. Fahren wir einfach ins Tessin? Nein, dann lieber mit der Freundin am Zürichsee. All-Inclusive-Ferien in Ägypten? Viel zu teuer. Kann die Sozialpädagogin mit dem Auto fahren? Ja, spart Kosten, durchaus einer Überlegung wert, maximal zehn Stunden Fahrzeit. Fahren wir in diesem Fall nach Berlin? Nein, ich will nicht nach Berlin. Oder Barcelona – auch mit B? Oh, ja Barcelona. Nein, weiter als zehn Stunden.

Nach dreistündiger Diskussion war das Reiseziel klar. Wir fahren mit dem Mietauto nach Pula in Kroatien, nächtigen dort in einer AirBnB-Wohnung mit Pool und geniessen die Sonne am Strand.

Die Vorfreude wuchs in den kommenden Tagen. Kunar, die Währung von Kroatien wurde umgetauscht, Cevapcici Preise nachgeschaut und Ferienbudgets eingereicht. Alle vier Jungs waren einen Tag vor Abfahrt in Ferienstimmung und die liessen sich auch nicht davon trüben, als auch noch ein Fünfter kurzentschlossen ebenfalls eine Anfrage startete, um mitfahren zu können. Einziges Problem war jetzt das fehlende Bett in der Wohnung, aber auch dem konnte Abhilfe geschaffen werden.

So fuhren wir zu siebt am Mittwochabend nach Arbeitsschluss los. Etwas überdreht und vor allem hungrig brachten wir die ersten 100 Kilometer hinter uns, stärkten uns dann in einer Burger-Fast-Food-Kette und stellten uns brav in die Schlange vor dem Gotthard. Kurz vor Mitternacht passierten wir, die einen schlafend, die anderen musikhörend, die Grenze in Chiasso. Die Autobahnen wurden leerer und so fuhren wir die Nacht hindurch immer weiter Richtung Süden. In Slowenien machten wir einen kurzen Kaffeehalt, was besonders unseren slowenischen Jugendlichen freute.

Das Meer konnte man in der Luft riechen, das Wetter war nicht spektakulär und dennoch waren alle wieder wach, als wir uns der slowenisch-kroatischen Grenze näherten.

Die Ausreise verlief ohne Probleme, wäre da der kroatische Zöllner nicht gleich neben dem Grenzhäuschen der Slowenen gestanden, vielleicht auch die Einreise. Mit entschuldigenden Worten setzte die Fahrerin den Rückwärtsgang ein und wünschte einen guten Morgen. Der Zöllner liess sich nicht beirren und uns dann auch nicht einreisen. 30 Minuten vor dem Ziel der absolute Tiefpunkt der Anreise, es war nichts zu machen, uns fehlten von ihm gewünschte Papiere.

Erneut mit Rückwärtsgang wurde umgekehrt, die zehn Minuten in Kroatien waren schön und bereits wieder im Auto wurden erneut Pläne geschmiedet. Grüne Grenze? Anderer Zoll? Zurück in die Schweiz? Weitere Papiere in Fotoform von Mutti per WhatsApp anfordern?

Wir entschieden uns, es mit Muttis Passfotos an einem weiteren Grenzübergang zu versuchen. Der serbische Jugendliche nahm auf dem Beifahrersitz Platz und nach einem kurzen Stossgebet setzte er sein gewinnendes Lächeln auf, um dem neuen Zöllner unsere Situation zu erklären. Nach 30 Sekunden war klar – wir hatten keine Chance. Dennoch blieb die Laune gut, alle motivierten auf ihre Art die anderen und mit der nötigen Prise Humor konnten wir unseren Misserfolg schnell wegstecken.

Also sassen wir in Slowenien fest und hatten erst einmal Lust auf eine grosse Tasse Kaffee. In Koper schmiedeten wir Folgepläne und sahen da auch das erste Mal das Meer. Beide Sozialpädagoginnen suchten intensiv, und leicht verzweifelt, was die Umgebung an Unterkünften für eine so grosse Gruppe zu bieten hat. An die AirBnB-Wohnung mit Whirlpool kamen die Apartments bei weitem nicht ran. Auf einer Plattform schien dann doch die Rettung in Sicht. 15 Minuten von der Hauptstadt Ljubljana entfernt zwei Appartements, eines mit fünf Betten, das andere mit zwei, inkl. Fitnessraum und Sauna. Die Jungs waren begeistert, es wurde gebucht und erneut in den Bus eingestiegen. Nach verhältnismässig kurzer Fahrt mit wenig Stau landeten wir an unserem gebuchten Ort – dem Biobauernhof. Müde war uns allen relativ egal, wo wir waren, Hauptsache das Bett war nicht mehr weit und so sanken wir nach einem Cevapcici-Teller bereits nachmittags alle todmüde ins Bett.

Am nächsten Tag galt es, die Stadt zu erkunden. In erster Linie war es den Jungs wichtig, Ausgangslokalitäten ausfindig zu machen. Die Schlaumeier waren doch tatsächlich am Vorabend noch weg, konnten aber keine Party mehr entdecken. Nach einem Besuch am wöchentlichen Streetfoodfestival wagten wir den Aufstieg zur Burg.

Erst nach der Hälfte der Strecke wurde bemerkt, dass auch die Bahn hätte genommen werden können. Nach einem kurzen Stöhnen über den steilen Aufstieg wurden wir mit einem Ausblick über das halbe Land belohnt. Ein älterer Herr verwies bei der Anfrage, ob er ein Foto von uns machen könnte, an seine Frau – sie fotografiere so viel besser. Das Resultat sorgte für Tränen vor Lachen, bereits bei der Aufnahme war klar, dass ihr Zeigefinger die Hälfte der Linse abdeckte und die Kamera verkehrt rum gehalten wurde.

Nach einem gemütlichen Bier am Fluss und etlichen Gesprächen über Gott und die Welt machten wir uns auf den Rückweg zu unserem unterdessen geliebten Bauernhof und verquatschten uns dort gleich nochmals. Erst spät und vom Hunger getrieben, machten wir uns auf, ein Lokal fürs Abendessen zu suchen und landeten bei einem waschechten Slowenen. Vielen war die Küche dann aber doch zu fremd und sie blieben bei Schnitzel-Pommes frites. Später stürzten sich die Jungs ins Nachtleben, die Sozialpädagoginnen ins Bett.

Am Samstagmorgen krabbelten fünf eher tote Fliegen als Testosteron gesteuerte Jugendliche aus den Betten. Mit starkem Kaffee waren sie soweit zu motivieren, an den nahegelegenen See zu fahren, um dort auf der Wiese erneut ein vom Vorabend entstandenes Schlafmanko aufzuholen.

Dies war auch wichtig, denn für den letzten Abend mussten wir einer Sozialpädagogin zuliebe auch wieder top fit sein. Champions League Finale mit Burgern stand auf dem Programm bis wir merkten, dass diese Burger in einem seeehr schicken Hotel serviert wurden. Nichts für wahre Fussballfans. Publicviewing mit American HotDogs war die Alternative und um einiges entsprechender. Diese gab es dann zwar nicht und uns wurden Toasts empfohlen oder erneut Cevapcici mit scharfer Sauce. Bezahlen konnten wir diese noch, abholen dann nicht mehr – ausverkauft. Wir wurden zum Italiener für Pizza weitervertröstet, der hatte allerdings geschlossen und so landeten wir zum Schluss beim Türken und konnten Fussballfinale mit Kebab geniessen.

Die lange Rückreise nutzten wir nochmals, um die unzähligen Änderungen in unseren Ferien Revue passieren zu lassen und stolz auf uns als Gruppe zurückzublicken. Jeder Einzelne hat dazu beigetragen, dass die Kurzferien in Erinnerung bleiben und die Stimmung nie an einem Tiefpunkt endete.